Einen kompletten Monat unter der Sonne Spaniens zu arbeiten - dort, wo andere Urlaub machen, zusammen mit den Kollegen der Guardia Civil, Neues kennenlernen, Bekanntes weitergeben, die erlernte Sprache vertiefen, nach Feierabend in der Nähe des Mittelmeeres zu sein und dieses genießen zu können. Das alles klingt ein wenig nach einem Traum, oder? Und das ist es - Ein Traum, aber eben einer, der wahr wurde.
2017 wurde ich von einer Kollegin, die wusste, dass ich seit 2015 an der Volkshochschule Spanisch lerne, darauf aufmerksam gemacht, dass es eine Möglichkeit gibt, sich für eine vorübergehende Verwendung in Spanien zu bewerben, um die Guardia Civil in touristisch hoch frequentierten Bereichen zu unterstützen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich das erforderliche Sprachniveau noch nicht erlernt, Im September 2019 war es dann endlich soweit.
Abflug
Noch während ich am Flughafen Düsseldorf auf meinen Abflug wartete, bekam ich per WhatsApp eine Nachricht von einem der Kollegen der Guardia Civil auf Mallorca. Er schrieb mir, dass er mein Ansprechpartner sei und mich am Flughafen Palmas abholen würde. Am Flughafen von Palma de Mallorca angekommen, wurde ich von diesem und einem weiteren Kollegen herzlich begrüßt und wir warteten auf meine Koffer.
Die Kollegen brachten mich vom Flughafen in das erste Hotel meines Aufenthaltes, Sea Club in Alcudia, in welchem ich die ersten zwei Wochen meines Aufenthaltes verbringen durfte. Im weiteren Verlauf wechselte ich in das Viva Blue Hotel in Playa de Muro. Beide Hotels waren durchaus weiter empfehlenswert, wobei ich tatsächlich das Viva Blue bevorzugen würde, da dieses eine exzellente Küche besitzt. Weiterhin muss man erwähnen, dass das Personal in diesem Hotel super freundlich war und man sich hier als Gast wirklich wohl gefühlt hat.
Auf Streife mit der Guardia Civil
Bei der täglichen Dienstgestaltung wurde seitens des Cabo (Verantwortlicher für die Dienstplanungen) wirklich Rücksicht auf mich und meine persönlichen Belange genommen. Bis auf einen Nachtdienst habe ich Früh- und Spätdienste versehen. Der eine Nachtdienst ereilte mich jedoch in Form einer sogenannten „Doublette“. Freitagmorgen Frühdienst von 7 Uhr bis 14 Uhr und im Anschluss, am selben Tag Nachtdienst von 22 Uhr bis 6 Uhr. Das war wirklich keine angenehme Dienstzeit, jedoch spiegelt es die normalen Wechselzeiten der spanischen Kollegen wider.
Den Nachtdienst verbrachten wir zusammen mit einem Hundeführer, welcher einen Drogenspürhund führte. Zunächst bauten wir diverse Kontrollstellen, typischerweise an den neuralgischen Kreisverkehren, auf. Neben den Fahrzeuginsassen wurden auch sämtliche Fahrzeuge mit Hilfe des Hundes durchsucht. Hierbei wurde insgesamt eine, zumindest meiner subjektiven Einschätzung nach, nicht unerhebliche Menge an Betäubungsmitteln aufgefunden und sichergestellt. Im weiteren Verlauf der Nacht wurden diverse Diskotheken, Shisha Bars, Spielhallen und Gaststätten aufgesucht, um auch hier dem Hund die Möglichkeit zu geben, bei Personenkontrollen sein Können unter Beweis zu stellen. Bei diesen Durchsuchungen bot sich das gleiche Bild, wie bei den zuvor durchgeführten Verkehrskontrollen.
Die Personalienfeststellungen, die Sicherstellungen und Beschlagnahmen der aufgefundenen Betäubungsmittel und die Anzeigenfertigungen auf der Wache im Nachhinein ähnelten der deutschen Bearbeitungsweise sehr. Jedoch hat mich der unkomplizierte Einsatz des Diensthundes wirklich beeindruckt.
In meinem Einsatzgebiet, Alcudia und Umgebung, war es im September, zumindest im Bezug auf den deutschen Tourismus, verhältnismäßig ruhig. Den Großteil der Touristen machten hier Familien mit kleinen Kindern und Urlauber gesetzteren Alters aus, was natürlich bedeutete, dass ich als Polizist in deutscher Uniform hier wirklich der Freund und Helfer war. Nahezu täglich konnte ich im Rahmen der Streife oder auf der Wache deutschen, bzw. deutschsprachigen Urlaubern bei diversen Unannehmlichkeiten und Fragen mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Die sonstigen Einsätze im Zusammenhang mit den spanischen Einwohnern der Insel stellten, auch in der spanischen Sprache, keine unüberwindbare Hürde dar. Von Diebstahlsdelikten, über die Aufnahme von Wohnungs- und Hoteleinbrüchen, bis hin zum einfachen, netten Gespräch war wirklich alles dabei.
Im Rahmen des Dienstes, welchen ich in der Regel auf dem Streifenwagen verrichtete, suchten wir diverse Hotels auf, um mich als Ansprechpartner für die Hoteliers und die Touristen vorzustellen. Fußstreifen über Wochenmärkte, entlang der Promenaden, auf den Einkaufsstraßen und sogar am Strand, um polizeiliche Präsenz zu zeigen, gehörten zu meinem täglichen Aufgabengebiet. Ich habe durchweg positives Feedback seitens der deutschen Urlauber, sowie von der einheimischen Bevölkerung bekommen. Die Verwunderung und Begeisterung beim Erblicken eines deutschen Polizisten auf Mallorca war nahezu jedem anzusehen.
Drei ganz besondere Einsätze
Insgesamt möchte ich drei Einsatzereignisse aus dieser Zeit hervorheben. In meinem ersten Dienst wurden wir unmittelbar vor Feierabend zu einer häuslichen Gewalt gerufen. Hier wurde über Funk zunächst lediglich bekannt, dass es zu einer Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn gekommen sei. Wir hatten keine Informationen über Verletzte oder den genauen Verlauf der Streitigkeiten. Der Einsatzort wurde mit zwei Streifenwagen aufgesucht und die Situation vor Ort war zunächst sehr ruhig, bis im Rahmen der Sachverhaltsabklärung bekannt wurde, dass sich der o.g. Sohn nicht mehr in der elterlichen Wohnung aufhielt, sondern auf die Dachterrasse im fünften Obergeschoss des Gebäudes geflüchtet sei. Die Terrasse wurde durch uns aufgesucht und wir fanden den jungen Mann, völlig aufgelöst, auf der Brüstung der Terrassenmauer. Er schilderte unmissverständlich, dass er sich das Leben nehmen wollte. Der junge Mann wurde durch einen Kollegen der Guardia Civil professionell in ein Gespräch verwickelt, so dass wir anderen die Möglichkeit hatten, uns immer weiter anzunähern und ihn letztlich in einem Überraschungsmoment greifen und von der Mauer ziehen konnten, um ihn am Sprung in die Tiefe zu hindern. Im weiteren Verlauf wurde er, zwecks psychologischer Behandlung einem nahegelegenen Krankenhaus zugeführt. Über diesen Einsatz wurde umgehend in den lokalen Nachrichten berichtet, kurz darauf fanden wir den Artikel auch in den Printmedien mit dem lobenden Hinweis, dass bei diesem Einsatz auch die deutsche Polizei vor Ort war.
Bei einem weiteren Einsatz wurden wir im Rahmen unseres Dienstes zu einer aufgefundenen Schildkröte am Strand von Can Picafort gerufen. Auch hier hielten sich die Informationen der Leitstelle in Grenzen und wir gingen davon aus, ein entlaufenes Tier in Empfang und dieses zunächst in unsere Obhut zu nehmen. Am Einsatzort eingetroffen, wurden wir im Bereich des dortigen Wochenmarktes von etlichen Personen angesprochen, und auf den Auffindeort der Schildkröte am Strand hingewiesen. Anhand der Aufregung der Bürger konnte man sich nun denken, dass es sich vermutlich doch nicht um ein entlaufenes Haustier handelte und tatsächlich fanden wir eine große Meeresschildkröte im Felsenbereich der Küste auf. Das Tier war leider schon tot, der Panzer war mehrfach gebrochen und uns blieb nichts anderes übrig, als das ansässige Aquarium zu informieren. Wir verblieben bis zum Eintreffen der Verantwortlichen vor Ort und sicherten diese „Attraktion“ ab. Die Schildkröte wurde vermessen und fotografiert und im Anschluss halfen wir der Angestellten des Aquariums, die dankbar für unsere Anwesenheit war, dabei, das ca. 70 Kilogramm schwere Tier zu verladen, welches nun ausgestopft und ausgestellt werden wird.
Beim dritten Einsatz war schon morgens um 5 Uhr Dienstbeginn. Mein Kollege holte mich am Hotel ab und wir fuhren zu einem nahegelegenen Parkplatz, auf welchem schon unzählige Fahrzeuge der Guardia Civil bereitstanden. Ein Großeinsatz zur Bekämpfung der Drogenkriminalität stand an. Neben den ‚normal‘ uniformierten Kollegen befanden sich mehrere Gruppen voll aufgerüsteter, maskierter Spezialeinheiten vor Ort, Einsatzbesprechungen liefen, verschiedene Teams wurden zusammengestellt, Aufträge wurden vergeben und schon ging es zu den Einsatzorten. Durch die Spezialeinheiten wurden Wohnungen geöffnet, Tatverdächtige festgenommen und an uns übergeben, um zusammen mit der anwesenden Staatsanwaltschaft die weitere Bearbeitung zu übernehmen. Gegen 10 Uhr war dieser groß angelegte Einsatz vorüber, alle Festgenommenen wurden inhaftiert und wir gingen in den normalen Tagesdienst über. Das war ein Einsatz, den ich in 20 Dienstjahren in Deutschland noch nicht miterlebt habe. Wirklich beeindruckend.
Und dann war dieser grandiose Aufenthalt leider auf einmal schon zu Ende.
Fazit
Ein Monat war vorbei, die Rückreise stand an. Diese verlief ähnlich unkompliziert, wie die Hinreise. Abschließend möchte ich sagen, dass es ein tolles Erlebnis war, die spanischen Kollegen auf Mallorca unterstützen zu können. Ich habe Vieles erlebt: tolle Kollegen, gesellige Zusammenkünfte mit diesen, außergewöhnliche Momente, schöne Aufenthaltsorte, besondere dienstliche Erfahrungen und Herausforderungen, die Arbeit am Meer und eben dieses nach dem Dienst genießen zu können und und und ..... Ich hoffe natürlich, dass im nächsten Jahr einem erneuten Aufenthalt und der wirklich hilfreichen Unterstützung in Spanien nichts entgegensteht