Der große Elan und die fachliche Kompetenz, mit denen die Cold-Cases-Unterstützungskräfte des Landeskriminalamtes NRW ihre Arbeit aufgenommen haben, führten zur schnellen Bearbeitung der ersten Fälle. Die ehemalige Ermittlerin und die 27 ehemaligen Ermittler konnten inzwischen einige Unterlagen von zurückliegenden ungeklärten Tötungsdelikten sichten und stimmten sich im engen Austausch mit den jeweiligen Fall-Paten aus den Kreispolizeibehörden über das weitere Vorgehen ab.
Der zugrundeliegenden Idee, pensionierte Kriminalbeamte als Regierungsbeschäftigte einzustellen, um Cold-Cases aufzuarbeiten, folgte im Sommer 2021 zunächst die finanzielle Zusicherung für die Umsetzung durch das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen und schließlich die Einstellung der Alt-Ermittler im November 2021. Dies bedeutet eine deutliche Entlastung für die Polizeibehörden und ist ein wichtiges Zeichen für die Angehörigen der Opfer.
„Wir konnten 28 Kriminalistinnen und Kriminalisten gewinnen, die sich schematisch und mit der erforderlichen Genauigkeit den bisher ungeklärten Fällen widmen“, sagt Colin B. Nierenz, Leiter der Besonderen Aufbau-Organisation (BAO) Cold-Cases. Für die Kolleginnen und Kollegen in den örtlichen Polizei-Dienststellen NRWs ist das wegen der täglich neu anfallenden Aufgaben nur schwer möglich. Das führte dazu, dass der erneute genaue Blick auf solch ungelöste Delikte aus der Vergangenheit zuvor nur punktuell erfolgen konnte. Durch die BAO und mit Hilfe der Alt-Ermittler ist jetzt ein strukturiertes Vorgehen für zunächst ein Jahr sichergestellt.
Erste Aufträge für neue Ermittlungsansätze wurden in den regelmäßig stattfindenden Spurenkonferenzen inzwischen thematisiert. Zu den Zielen zählen die digitale Erfassung der 1.160 ungelösten Fälle in die Cold-Cases-Datenbank sowie der Gewinn neuer Erkenntnisse, die im besten Fall zur Identifizierung von Tatverdächtigen führen. „Um mit solch einem einschneidenden Lebens-Ereignis besser abschließen zu können, müssen Betroffene wissen, was passiert ist“, lenkt Colin B. Nierenz den Blick auf die Hinterbliebenen der Opfer. Der Kriminaldirektor möchte damit verdeutlichen, wie wichtig es für Angehörige ist, Gewissheit zu bekommen. „Es geht ihnen weniger darum, ob der Täter 20 oder 25 Jahre in Haft kommt, um seine Strafe zu verbüßen. Vielmehr möchten sie wissen, was damals wirklich geschah, um die Tat damit für sich verarbeiten zu können.“
Mit großem Verständnis für die Hinterbliebenen und der langjährigen Berufserfahrung in verschiedenen Bereichen bei der Kriminalpolizei setzen sich die Cold-Cases-Unterstützungskräfte intensiv mit den ihnen zugewiesenen Fällen auseinander. „Das bedeutet unter Umständen, dass wir zur zuständigen Staatsanwaltschaft fahren, um die Asservate abzuholen und zur Sichtung in die örtliche Polizeibehörde zu bringen“, gibt Berthold Kunkel Einblicke in seine neuen Aufgaben als Unterstützungskraft. Ein spu-renschonendes Vorgehen ist dabei unerlässlich, betont er. Genauso kann es für ihn und die weiteren Alt-Ermittlerinnen und Alt-Ermittler zunächst die Rückmeldung geben, dass einzelne Akten nicht mehr auffindbar sind. „Kann uns dafür kein nachvollziehbarer Grund genannt werden, wird mit Beharrlichkeit weiter nachgefragt und nachgeforscht.“
Die Vorgehensweise bei den ungelösten Fällen zwischen 1970 und 2015 in NRW ist also je nach Zustand und Umfang der Dokumente individuell anzupassen. „Generell wird jedes Schriftstück genau gelesen und in diesem Zusammenhang die staatsanwaltschaftlichen sowie die polizeilichen Unterlagen auf Übereinstimmung geprüft“, sagt Kriminalhauptkommissar Steffen Franke, Mitglied des Einsatzabschnittes Fallmanagement der BAO Cold Cases. Zudem wird jeder der Fälle in die speziell eingerichtete Cold-Cases-Datenbank eingespeist, insofern dies noch nicht erfolgt ist.
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